Die aktuelle Diskussion über die Entwicklung der Zinsen dreht sich immer wieder um die vermeintliche Verantwortung der Europäischen Zentralbank (EZB) für das seit geraumer Zeit andauernde Niedrigzinsniveau.
Investitionswillige freuen sich über niedrige Kreditzinsen. Potenzielle Anleger werfen der EZB vor, sie man würde sie durch die sog. Niedrigzinspolitik geradezu “enteignen”.
Dieses Thema wird in der aktuellen Kolumne “fünf vor acht” der ZEIT aufgegriffen. Der Autor Mark Schieritz beleuchtet einen Aspekt, der in der allgemeinen Diskussion bislang praktisch überhaupt keine Rolle spielte: Die Geschichte.
Konkret nimmt er Bezug auf eine aktuelle zinshistorische Studie der Bank Of England. In dieser Studie wird die globale Zinsentwicklung seit dem Jahr 1300 unter die Lupe genommen. Danach ist die Zinsentwicklung nicht das Ergebnis einer EZB-Politik. Historisch gesehen sei sie vielmehr eine logische Folge einer seit Jahrhunderten andauernden Zinssenkung. Zurückgeführt wird der historische Abwärtstrend auf die Tatsache, dass die Welt sicherer geworden ist. Es habe mit fortschreitender Zeit zunehmend Ordnungsstrukturen gegeben. Dies habe für mehr Sicherheit und damit aus der Sicht der Darlehensgeber für geringeres Ausfallrisiko gesorgt.
Dementsprechend habe mit zunehmender Tendenz immer weniger Veranlassung bestanden, sich ein Ausfallrisiko durch höhere Zinsen vergüten zu lassen. Der englische König Edward III. habe Anfang des 14. Jahrhunderts noch 35% Zinsen für einen Rüstungskredit zahlen müssen. Dessen Nachfolger Karl II. sei im 17. Jahrhundert bereits lediglich zu 16% Zinsen herangezogen worden. Und der Vatikan musste im 19. Jahrhundert für einen bei den Rothschilds aufgenommenen Kredit sogar nur 6% Zinsen berappen.
Eine langfristige Betrachtung führe dann auch zu dem Ergebnis, dass die Zinsen über 8 Jahrhunderte hinweg trotz zwischenzeitlicher Schwankungen stetig gesunken seien:
aus DIE ZEIT / fünf vor acht 13.01.2020
Und was bedeutet das für die künftige Zinsentwicklung, nachdem der Zins doch schon knapp über der Nullprozent-Marke schwebt?
Rechnet man die in der Studie der Bank Of England ermittelte langfristige Zinsentwicklung in die Zukunft hoch, würde das bedeuten, dass wir im Jahr 3017 bei einem Realzins von minus 16% angelangt wären. Kurzfristig wird es – wie in der Vergangenheit auch – immer wieder Ausschläge geben, die sich außerhalb des langfristigen Trends bewegen. —
Die Studie der Bank Of England können Interessierte direkt hier bei uns nachlesen. Und wer über die aktuelle Zinsentwicklung auf dem Laufenden gehalten werden will, kann sich hier auf unserer Seite zu jeder Zeit einen tagesaktuellen Überblick verschaffen.
Quelle: Bank Of England | Paul Schmelzing